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    Konvergenzwinkel
    Für die Räumlichkeit der visuellen Beobachtung und für die Stereofotografie 
    ist der Konvergenzwinkel β wesentlich, 
    unter dem das Objekt gesehen wird.  Dieser ist einfach abschätzbar.
    Der Abstand der beiden Teilstrahlengänge  zwischen Objektiv und 
    Umkehrprismen beträgt beim MBS-10 gemessene 20mm.  Dies entspricht der 
    Stereobasis S. Daraus, sowie der Objektivbrennweite fO=90mm 
    ergibt sich der halbe Konvergenzwinkel zu :
  
    β/2 = atan(S/[2*fO]) = 6,34°  
    (siehe hellgrau hinterlegtes Dreieck) 
      Der Konvergenzwinkel β liegt deshalb bei 13°. Ein Mensch mit einem 
    Augenabstand von 65mm sieht einen Gegenstand in knapp 30cm Entfernung unter 
    diesem Winkel. 
 
 Numerische Apertur
 Bei einem "gewöhnlichen" Mikroskop werden verschiedene Objektive mit 
    unterschiedlichen nume-rischen Aperturen für die jeweiligen 
    Vergrößerungsstufen eingesetzt. Wenn man einmal von Konverter-linsen 
    absieht, besitzt dieses Stereomikroskop nur ein Objektiv und arbeitet 
    mit einem Arbeitsabstand. Unterschiede in der numerischen Apertur bei 
    den verschiedenen Vergrößerungsstufen kommen durch verschiedene 
    Eintrittspupillen zustande. Diese sind durch die Linsendurchmesser der 
    Eintrittslinsen in das Galilei-System oder die Blendenwirkung der Bohrungen 
    (falls keine zusätzliche Optik eingelegt wird)  gegeben. Ein ungefähres 
    Ausmessen dieser Durchmesser am MBS-10 liefert etwa 4mm für die 
    Vergrößerungsstufe 0,6, 6mm für die Vergrößerungsstufe 1x, 14mm für die 
    Vergrößerungsstufe 2x und schließlich 15mm für die Vergrößerungsstufen 4x 
    und 7x. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass ich früher 
    (Homepage bis zum 25.02.2009) von einem Durchmesser von 6mm für die 
    Vergrößerungsstufe 0,6 ausgegangen war. Hr. Jürgen Schrodt hat mich 
    dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass der Durchmesser der 
    Eintrittslinse des Galilei-Wechslers durch eine Blende im Linsensystem 
    eingeschränkt wird. Sie ist beim Blick durch die Linse als dunkler Ring 
    erkennbar.
  Mit der Brennweite fO=90mm 
    kann man  die numerischen Aperturen berechnen: 
      
        |  | k | Ø | nA |  
        |  | 0,6 | 4mm | 0,022 |  
        |  | 1 | 6mm | 0,033 |  
        |  | 2 | 14 | 0,077 |  
        |  | 4 | 15 | 0,083 |  
        |  | 7 | 15 | 0,083 |   Von 
    kleinen, wenig relevanten Unterschieden abgesehen, gibt es drei 
    numerische Aperturen, gerundet 0,02, 0,03 und 0,08. Insbesondere bei der größten 
    Vergrößerungsstufe 7x macht es sich bemerkbar, dass die Auflösung nur 
    geringfügig 
    diejenige der nächst kleineren Stufe 4x übertrifft. Bei den mitgelieferten 
    Okularen mit einer 14fachen Vergrößerung wird eine Gesamtvergrößerung von 98 
    erreicht, die die förderliche Vergrößerung (das 500 bis 1000fache der nA) 
    schon deutlich überschreitet. Im Gegensatz dazu wird bei der 
    niedrigsten Vergrößerungsstufen k=0,6 die förderliche Vergrößerung nicht 
    erreicht. Unschärfen aufgrund der optischen Abbildung sind  mit bloßem 
    Auge nicht erkennbar.
 
 Auflösung
 Nach der Airyschen Betrachtungsweise ergibt sich der kleinste auflösbare Abstand zweier 
    Punkte eines selbstleuchtenden Objektes durch:
  
    d = 1.22*λ/(2*nA) 
    Bei einer Wellenlänge von λ=550nm (grünes Licht) erhält 
    man folgende Werte: 
      
        |  | k | nA | d |  
        |  | 0,6 | 0,022 | 0,0153mm |  
        |  | 1 | 0,033 | 0,0102mm |  
        |  | 2 | 0,077 | 0,0044mm |  
        |  | 4 | 0,083 | 0,0040mm |  
        |  | 7 | 0,083 | 0,0040mm |  
    Zwei Beispiele zur Anwendung: Betrachten wir den 
    Vergrößerungsfaktor k=1 und damit d=0,0102mm. Wie bereits geschildert, 
    wird bei der beschriebenen einfachen Anpassung der Coolpix 990 lediglich ein 
    12mm breiter Ausschnitt aus dem reellen Zwischenbild auf den CCD-Chip der 
    Kamera abgebildet. Wegen k=1 entspricht dies auch einer Länge im Objektraum 
    von 12mm. Diese Länge besteht aus 12/0,0102=1180 unterscheidbaren 
    Punkten. Kann man durch sehr geschickte Adaption 20mm des Zwischenbildes 
    ausnutzen, wächst die Zahl unterscheidbarer Punkte auf rund 2000.  
    Führt man diese Überlegung für k=4 aus, so kann man zwar hier bereits Punkte 
    mit einem Abstand von d = 0,004mm auflösen, aber 
    auch der sichtbare Bereich in der Objektebene reduziert sich. Aus 12mm bei 
    k=1 werden 12/4mm = 3mm bei k=4. Daher bilden nur noch 3/0,004 = 750 Punkte 
    die sichtbare Breite. Erreicht man wieder eine Abbildung von 20mm im 
    Zwischenbild, so steigt diese Zahl auf 1250 Punkte.
 Wenn man diese Punkte in einem Digitalbild auflösen will, muss nach dem 
    Abtasttheorem von Shannon und Nyquist die Quantisierung doppelt so fein 
    sein, wie die maximal mögliche Signalfrequenz (hier "Ortsfrequenz"). Etwas 
    lapidar formuliert, benötigt man für ein Beugungsscheibchen der Breite d 
    mindestens zwei Pixel. Die Kamera Nikon Coolpix 990 mit ihren 2.048x1.536 
    Bildpunkten kann deshalb maximal 1024 Punkte in der Bildbreite trennen. Bei 
    der Aufnahme eines 12mm breiten Ausschnittes des Zwischenbildes ist die 
    Kamera bei k=1 knapp unter der wünschenswerten Auflösung, für höhere k 
    jedoch gut ausreichend. Umgekehrt bedeutet das, die Kamera liefert bei 
    größeren Abbildungsmaßstäben kein optimal scharfes Bild, selbst wenn das 
    Objekt sehr dünn und exakt fokussiert ist. Eine höhere Pixelzahl kann die 
    Bildqualität dann nicht mehr verbessern.
 
 Aus der Zahl der unterscheidbarer Punkte im Zwischenbild erkennt man, dass in einer besseren Adaption 
    deutliches Optimierungspotenzial steckt. Damit man dies auch wirklich nutzen 
    kann, muss die Kamera entsprechend hoch auflösend sein.
 
 
 Schärfentiefe
 Die Schärfentiefe besitzt einen geometrisch-optischen und einen 
    wellenoptischen Anteil. Bei visueller Beobachtung kommt die 
    Akkomodationstiefe hinzu, die bei fotografischen Aufnahmen keine Rolle 
    spielt und deshalb hier nicht näher betrachtet sei. Für die theoretische 
    Ableitung empfehle ich das entsprechende Kapitel aus "Moderne Methoden der 
    Lichtmikroskopie" von G. Göke. Hier sei nur das Resultat der Schärfentiefe t 
    angegeben:
 
    t = 0,15mm/(nA*v) + λ/(2*nA2) 
    Dabei sind nA die numerische Apertur, v die 
    Gesamtvergrößerung (einschließlich Okular) und λ 
    die Wellenlänge des Lichtes. Geht man wieder von der Wellenlänge  λ=550nm 
    aus und nimmt ein 8x-Okular an, so berechnet man mit den vorher bestimmten 
    numerischen Aperturen folgende Werte:
 
      
        |  | k | v | t |  
        |  | 0,6 | 4,8 | 1,96 mm |  
        |  | 1 | 8 | 0,81 mm |  
        |  | 2 | 16 | 0,17 mm |  
        |  | 4 | 32 | 0,10 mm |  
        |  | 7 | 56 | 0,07 mm |    
      
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    Bezug zur MakrofotografieFür den Kenner der Makrofotografie mag es interessant sein, die Begriffe 
        der Fotografie zu verwenden, also von der Brennweite des Fotoobjektivs 
        und Blenden zu sprechen.
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        Dazu muss man die Begriffe der Mikroskopie auf die der Fotografie 
        übertragen. Betrachten wir zu diesem Zweck das Stereomikroskop ohne 
        Galilei-System in Analogie zum Fotoapparat. Dann entsprechen das 
        Objektiv des Stereomikroskops und die Tubuslinse zusammen dem 
        Fotoobjektiv, denn erst diese beiden optischen Komponenten entwerfen des 
        reelle Bild. Im strengen Sinne ist das, was oben als Objektiv des 
        Stereomikroskops bezeichnet wurde, kein Objektiv, denn es wird nicht 
        dazu verwendet, ein reelles Bild zu erzeugen. Man kann es mit der 
        Tubuslinse gedanklich zu einem "echten" Objektiv zusammenfassen. Für 
        eine Linse der Brennweite f gilt bekanntlich:
 
        1/f = 1/b + 1/g 
        wobei b die Bildweite und g die Gegenstandsweite ist. Ersetzt man in 
        nebenstehender Skizze beide Linsen durch eine einzige, so muss  fO
        = g und 
        fT = b sein. Nach Einsetzen und 
        Auflösen folgt für die Brennweite: 
    
    f = fO*fT /(fO  +  fT) |  |  
    Die Brechkräfte der beiden Linsen addieren sich wie bei zwei dünnen, nahe 
    zusammen stehenden Linsen. Im Fall des MBS-10 berechnet man f = 60mm. Ein 
    Mikroskop mit Endlichoptik und dieser Objektivbrennweite oder ein 
    Fotoobjektiv besitzt exakt dieselben Eigenschaften.
 Ohne Galilei-System (k=2, Durchmesser der Blende 14mm) erhält man dann den 
    Blendenwert 60mm/14mm = 4,3. Das ist auch die Lichtstärke des Objektivs beim 
    Abbildungsmaßstab 2:1.
 
    Für die Definition der Schärfentiefe wird in der Fotografie eine
    zulässigen Unschärfe von 1/1000-stel der Bildbreite zugrunde gelegt, was 
    beim Diafilm etwa 0,03mm ausmacht. Bei einer nutzbaren Breite des reellen 
    Zwischenbildes von 12mm
    kann man analog einen Unschärfekreis von u=0,012mm an-setzen. Bei der 
    Auflösung der Coolpix 990 entspricht dieser Durchmesser dem 2-fachen 
    Abstand der Pixel. Der maximal sinnvolle sinnvolle Blendenwert wird 
    ebenfalls über diesen Unschärfekreis definiert. Sie ist erreicht, wenn die 
    beugungsbedingte Unschärfe (Radius des Airy-Scheibchens) die Größe des Unschärfekreises erreicht hat. 
    Diese förderliche Blende berechnet sich mit u=0,012mm und bei einer 
    Wellenlänge von λ=550nm 
    zu: u/(1,22*λ*[k+1]) = 0,012mm/(1,22*550nm*3) = 
    5,96  (Zur Formel siehe 
    "Fotoschule" von Martin Sigrist und Erwin Stegmann)Die förderliche Blende ist nicht allzu weit von der oben berechneten Blende 
    des Stereomikroskops bei k=2 entfernt. Ein Verringern des 
    Blendendurchmessers, also Erhöhen des Blendenwertes wird zwar die 
    Schärfentiefe erhöhen, aber schnell die beugungsbedingte Unschärfe in 
    Erscheinung treten lassen. Der niedrige Wert für die förderliche Blende mag 
    überraschen. In Tabellen zu Makrofotografie findet man beim 
    Abbildungsmaßstab 2:1 den Blendenwert 16. Man muss aber bedenken, dass diese 
    Tabellen sich am Diaformat mit einer Breite von 36mm und daher an einem dreimal so großen Unschärfekreis orientieren. Ein Kameragehäuse am Fototubus mit 
    Filmebene im reellen Zwischenbild erreicht fast die Ausleuchtung des 
    Diaformats. Hier könnte man noch etwas abblenden bis zum Erreichen der förder-lichen Blende. Eine bessere Adaption der Digitalkamera würde 
    ebenfalls einen höheren Wert für die förderliche Blende bedeuten.
 
 
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